Die KREATIVE DARMSTADT startete zum Jahresende eine Veranstaltungsreihe namens „KOMPASS UND KREATIVE KONZEPTE“. Hier beleuchten wir aktuelle Themen an der Schnittstelle von Kreativität, Persönlichkeit und technologischem Wandel. Bei der frischen Kalibrierung der kreativen Kompassnadel, durfte VITAMINP natürlich nicht fehlen. Gelernt habe ich vor allem was systemisches Konsensieren ist.
Zusammen mit Stefan Fuchs, gestalteten wir einen Abend der Veranstaltungsreihe. Stefan Fuchs fokussiert sich auf den kreativen Menschen, welches auch sein aktuelles Thema ist. Er ist u.A. Imker, Berufskraftfahrer, Yogalehrer, Mediator, Trainer für gewaltfreie Kommunikation und systemisches Konsensieren. Um das systemische Konsensieren ging es auch in unserem Praxisvortrag. „Systemisches Konsensieren“ ist ein innovativer Weg der gemeinsamen Entscheidungsfindung, ein kreativer Prozess hin zur größtmöglichen Übereinstimmung.
Ich startete den Workshop mit einer Kombination. Der VITAMINP Cocktail bestand aus einem Teil kreativer Arbeitsoptimierung (kreative Notizen), meinen persönlichen Produktivität-Tipps und einem Hauch von Sketchnotes. Das Ganze verpackte, wie man es von mir gewohnt sein sollte, in einen authentischen und emotionalen, interaktiven Vortrag. Zusammen mit Kreativen, Freunden und Gästen erarbeiteten wir ein einfaches wie auch effizientes Template zur Erfassung von Notizen. Das Konzept für die kreativen Notizen, hatte ich bereits in einem vorigen Artikel beschrieben. Daher beschränke ich mich heute auf das Systemische Konsensieren.
#SystemischesKonsensieren // #Kreative #Konzepte von kreativen Köpfen #kreativeDarmstadt Klick um zu TweetenSystemisches Konsensieren auf die Schnelle
Aus meiner Sicht bestand das Systemische Konsensieren aus folgenden Phasen:
- Fragestellung der Gruppe erarbeiten
- Gemeinsam Themen sammeln
- Alle Themen bewerten
- Auswerten der Ergebnisse
- Maßnahmen bzw. nächste Schritte ableiten
Fragestellung
Nun der Reihe nach. Da es sich um eine schnelle Vorstellung der Methode handelte, schlugen wir eine Fragestellung vor. In deinem Projekt, Verein oder Familie, kann die Fragestellung natürlich gemeinsam definiert werden. Oder es kristallisiert sich durch ein Problem selbst heraus. Unser vorgeschlagenes Thema lautete: „Welche Themen wünscht Ihr Euch für die nächsten Netzwerkabende der Kreative Darmstadt?“. Da keiner dagegen war, nahmen wir uns dessen Thema vor. Beispiele für alternative Fragestellungen könnten sein, die Frage nach dem Restaurant, für das Mittagessen, die neue Wandfarbe oder das nächste Urlaubsziel. Du merkst schon, diese Methode (Systemisches Konsensieren) kannst du vielfältig einsetzen.
Themen sammeln
Nach der Fragestellung, galt es nun einzelne Themen zu sammeln. Hier ist jeder selbst gefragt, sich einzubringen. Wenn nicht gleich ein Thema aus der Gruppe genannt wird, empfiehlt es sich selbst einen Vorschlag einzubringen. Es wurden Punkte genannt wie allgemeiner Erfahrungsaustausch, Kundenakquise und Altersvorsorge. All diese Themen werden in einer einfachen Tabelle gesammelt und untereinander aufgeschrieben. Wichtig ist hierbei, auch die „Null-Lösung“ als Thema aufzunehmen. Was ist die Null-Lösung, fragst du dich? Das ist die Lösung, bei der nichts passiert, sondern alles so weiter läuft wie bisher. Wenn es hierbei z.B. um eine Farbabstimmung für die nächste Wandfarbe geht, wäre die Null-Lösung, es wird nicht gestrichen. Es würde die Wandfarbe bleiben, die bereits jetzt auf der Wand ist.
Bewertung
Wenn die Liste vollständig ist, oder die Wortmeldungen nur noch sehr zäh kommen, ist das Sammeln der Themen beendet. Jetzt startet die Bewertung. Die Bewertung ist aus meiner Sicht der Clou und das Geheimnis dieser Methode! Wir bewerten jetzt nicht was wir wollen und geben keine oder wenig Punkte für die Themen, die wir nicht wollen. Nein. Wir bewerten die Themen nach unserem Widerstand zu dem jeweiligen Thema. D.h. Themen ,die wir überhaupt nicht wollen, zu denen wir nicht stehen bzw. die mit dir selbst nicht vereinbar sind, bewertest du mit voller Punktzahl. In unserem Fall war das Maximum 2 (beide Arme gehen hierbei hoch). Themen, für die du brennst oder einfach sehr gut findest, werden mit den wenigsten Punkten bewertet. In unserem Fall waren das Null Punkte.
Auswertung
#SystemischesKonsensieren // Demokratisch #Abstimmen ohne Verlierer Klick um zu TweetenEs startet die Auswertung. Jetzt gilt es, die Themen entsprechend der Punktzahl zu vergleichen und zu priorisieren. Generell gilt, Themen mit wenig Punkten sind die Favoriten der Gruppe. Bei diesen gibt es den geringsten Widerstand. Die Themen mit vielen Punkten, sind eher kritisch für die Gruppe. Diese Themen sollten ggf. hinsichtlich Risiken oder Bedenken besprochen werden. Am Praktischsten ist es, wenn die Personen, die einen hohen Widerstand bei dem jeweiligen Thema hatten, diesen begründen. Bei einer Abstimmung zur Restaurant Wahl, beispielsweise, könnte bei dem Thema „Steakhaus“ ein Vegetarier den Widerstand haben, dass es dort keine (oder wenig) vegetarische Gerichte gibt. Wenn man solche Hintergründe erkennt, kann man diese bei der Gruppenentscheidung natürlich berücksichtigen. Übrigens sind Themen, die eine schlechtere (höherer Widerstand) Bewertung haben, als die Null-Lösung, kein Kompromiss für die Gruppe. Diese Themen müssen nicht weiter besprochen werden, da der Gesamtwiderstand hierfür zu hoch ist. Ein Beispiel: Eine Gruppe votet für die Null-Lösung für die Fragestellung der Wandfarbe 10 Punkte. Für die Farbe lila gibt es 14 Punkte. D.h. wenn die Wandfarbe so bleibt, wie sie jetzt ist, ist ein größerer Konsens in der Gruppe, als würden sie die Wand in lila streichen.
Retrospektive
Nach dieser Abstimmung sollte natürlich nicht Schluss sein. Diese bewertete Liste der Themen, ist eine sehr gute Ausgangsbasis für Folgediskussionen. Z.B. kann man versuchen, die einander von der Punktzahl ähnlich gut bewertet Themen sind, zusammenzufassen. Ja, bei Farbe ist das mit gelb und lila schwierig, aber bei echten Themen wie „Auftragsmonetarisierung“ und „Kundenakquise“ könnte man durch systemisches Konsensieren einen gemeinsamen Konsens kreieren.
Mein Fazit
Ich persönlich finde diese Methode grandios. Sie zwingt einen förmlich zum Umdenken. Man bewertet nicht ,was man will, sondern was man am wenigsten möchte. So kommt man eher zu einem Gruppen-Konsens. Der Prozess der Abstimmung und das Ergebnis unterscheiden sich, zwischen dem systemischen Konsensieren oder einer klassischen Abstimmung. Entweder erhebt man den Widerstand zu Themen, oder die Zustimmung bzw, Nicht-Zustimmung, bei wenig Punkten. Je nach Anzahl der Personen und Menge der gesammelten Themen, sollte der Punkte-Spielraum angepasst sein. Wir hatten in unserem Fall eine Gruppe von ca. 16 Personen und ca. 10 Themen. Hierbei beschränkten wir uns auf den Punktespielraum 0-2. Also ich werde die Methode in zeitnaher Zukunft direkt ausprobieren.
Wenn du hier schon Erfahrungen hast, oder gerade machst, schicke mir doch ein Foto von Deinem Ergebnis und schreibe mir ein paar Worte in das Kommentarfeld. Danke und viel Spaß beim Systemischen Konsensieren.
[Unterstützt wurde der Abend durch Schmidt´s Büro für Kommunikation und werk.um Architekten]
Die Veranstaltungsreihe „KOMPASS UND KREATIVE KONZEPTE“ wird gefördert durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung.
Fotos © kreative darmstadt / albrecht haag
Danke für diesen Interessanten Einblick!
Zwei Anmerkungen fallen mir dazu ein:
1.) Die Beispiel-Themen waren ja recht pragmatisch und wenig existenziell. Wundere mich, ob / wie das bei Dingen funktioniert, bei denen sich fundermentalere Interessen gegenüber stehen. Also finanzielle Interessen, starke politische Überzeugungen und religiöse Gegensätze.
Oder funktioniert das nur, wenn ein Grundinteresse an einer Einigung besteht?
2.) Mit den mir bekannten Plattformen ist das schwer bei verteilten Standorten hinzukriegen, es scheint mir eine Präsenz vor Ort vorauszusetzen. Oder gibt es da Erfahrungen / online Tools? Falls nciht, wäre das interessant, dafür einen Entwickler zu begeistern.
Hi Carsten,
vielen Dank für deine Interesse am systemischen Konsensieren!
zu 1) Ich persönliche fange erst an, hiermit Erfahrungen zu sammeln. Ich weiß aber aus Diskussionen, dass das Wichtigste ist, dass die Gruppe diese Methode genau kennt und ein gewisses Vertrauen in diese Methode hat. Bei fundamentalen Abstimmungen kann es sein, dass man mehrmals eine Abstimmung durchführen muss.Durch eine solche Abstimmung, kommen (denke ich) so oder so, klare Tendenzen der Gruppe raus. Die „negativen“ Ergebnisse, können zum Anlass genommen werden, um sie mit der Gruppe zu hinterfragen. Es muss ja Gründe dafür geben, warum der ein oder andere, diese mit einem hohen Widerstand versehen hat.
Zu 2) Das geht auch in einer großen Gruppe. Ich weiß von Abstimmungen mit mehreren 100 Personen, die nicht zusammen saßen. Hierzu gibt es auch online Tools. Wichtig hierbei ist, dass die Ergebnisse (Zwischenstände) nicht vor dem eigene Voting angezeigt werden. Sondern erst, wenn alle abgestimmt haben. Oder der Admin schaltet diese zur Deadline frei. Z.B. gibt es diese Seite (http://www.sk-prinzip.eu) als Web Lösung.
Danke und Gruß / Christopher