In einem Artikel der Zeit  zum Thema Authentizität ist die Frage gestellt worden, ob wir der Umwelt nicht ein Ich vorspielen?  Ein Ich das wir gar nicht sind. Jede Kleinigkeit wird als Selfi dokumentiert. Oder noch besser, extra noch „instagrammisiert“, damit es perfekt in Instagram, Facebook, Twitter oder Pinterest auf viel Beifall trifft. Wir passen unser Tun der vermeintlichen Erwartungshaltung unserer Umwelt (Publikum?) an.

»Wer soll man denn sein? Wer ist denn schon wer?« 

Harald Schmidt

Da ich ein Fan von Authentizität bin, ist es mein Anliegen in diesem Artikel die positiven Aspekt von Authentizität  hervorzuheben. Ich denke, dass wenn man authentisch ist, das eine Stärke sein kann. Es muss natürlich echt und darf nicht aufgesetzt sein. Authentisch sein heißt für mich „Profil“ zeigen.  Also auch mal „Ecken und Kanten“ haben dürfen. Sich nicht von seinen Kollegen oder Freunden einlullen zu lassen, sondern seine Meinung zu äußern. Selbst wenn man „daneben“ liegt, hat man dennoch der Diskussions-Gruppe den Horizont erweitert. Fehler machen, oder einen nicht zielführenden Gedanken zu verfolgen, finde ich nicht falsch. Einen Schuldigen zu finden, hat bislang noch kein Problem gelöst. In solchen Diskussionen sollte man nur ehrlich, faktenorientiert und nicht aggressiv sein. Ich schreibe in der Auflistung bewusst nicht emotional, da ich ein gewisses Maß an Humor, auch bei kritischen Gesprächen, eher förderlich finde. Positive Emotionen können durchaus das Eis und Kommunikationshürden durchbrechen.

Britta Eremit beschreibt den Schlüsselfaktor für die individuelle Authentizität in Ihrem veröffentlichen Artikel „Leadership – Why It’s so hard to be Authentic!“ wie folgt:

„Be your best version“

Was soll ich noch sagen. Ich denke, dass bringt es auf den Punkt.

Um seine beste Version zu werden, musst Du erstmal eine Ist-Analyse durchführen. Ja, ganz ruhig, nicht gleich die Mc Kinseys und die Roland Bergers dieser Welt anrufen und um Rat fragen. Hinterfrage Dich selbst.

Wer bist Du? Für welche Werte steht Du? Was sind Deine Stärken? Für was steht Du nicht?  Ich könnte mir vorstellen, dass es bei einigen hapert, eine bessere Version zu werden bzw. zu sein. Sie wären dann großteils oder komplett nicht sie selbst, sondern ein anderer. In solch einem Fall ist man dann nicht seine beste Version, sondern nur ein blasse Kopie.

Doch mal der Reihe nach. Was ist Authentizität?

Auf authenticos.de ist zu lesen, dass das griechische Wort für Authentizität („authentikós“) sich aus den Worten „autos“ („selbst“) und „ontos“ („seiend“) zusammensetzt. Somit kann Authentizität als „selbstseiend“ übersetzt werden (Kaegi, 1962).

Der Duden benennt hierzu folgenden Synonyme, die als Beschreibung recht dienlich sind: Echtheit, Glaubwürdigkeit, Sicherheit, Verlässlichkeit, Wahrheit und Zuverlässigkeit.

Wenn man authentisch ist, wirkt man echt und nicht verstellt. Damit dies gelingt, muss man ehrlich und glaubwürdig sein. Eine Schwierigkeit dabei ist sicherlich,  gleichermaßen zu seinen Stärken als auch zu seinen Schwächen zu stehen. Doch wer zeigt oder spricht schon gerne über seine Schwächen? Dann mache ich mich angreifbar. Oder?

Authentisch sein kann auch seine Schattenseiten haben.  Man schwimmt nicht mit der Masse, sondern zeigt Profil. Authentisch sein heißt für mich auch, seine Meinung zu vertreten. Auch wenn man damit aneckt und nicht dem Mainstream folgt. Dies kann in einer KPI gesteuerten Arbeitswelt dann mit Zielkonflikten belohnt werden.

Vorsicht Authentisch. Mehr ist nicht immer besser.

Die Kehrseite ist aus meiner Sicht, wenn man Authentizität bewusst einsetzt. Dies fällt z.B. bei Politikern auf, die nur vermeintlich authentisch auftreten. Offensichtlich gibt es aktuell geradezu eine Nachfrage nach Authentizität. Wackelige YouTube Videos in den Nachrichten, Wutausbrüche von Politikern in laufenden Liveübertragungen und familiäre Situationen in den Werbespots.  Das wird durch viele Clicks und hohe Einschaltquoten belohnt. Warum sollte man dieser Nachfrage nicht nachkommen? Na, weil man dann nicht mehr authentisch ist. Sobald man damit nicht mehr ehrlich und glaubwürdig ist, ist man nicht mehr authentisch.

Aber kann man überhaupt 100% authentisch sein?  Harald Schmidt sagte in einem FAZ Interview:

„Ich finde es aber gerade anstrengend, dass so viele Leute permanent sie selbst sind oder besser: das, was sie glauben zu sein. Anstatt sich mal zu überlegen: Was erfordert der Umgang mit anderen?“

Jetzt kommt mein neues Ich

Auszug aus einer Studie der Psychologen Daniel Gilbert und Jodie Quoidbach: „Menschen betrachten immer die Gegenwart als einen Wendepunkt in ihrer Biografie, an dem sie endlich die Persönlichkeit geworden sind, die sie für den Rest ihres Lebens bleiben werden.“

Heißt das, man ist immer im Wandel? Ist meine Persönlichkeit nie dieselbe? Ich denke, dass die eigenen Werte z.B. Respekt, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit, wie eine DNA, gesetzt sind; zumindest in ihren Ansätzen. Für das Erkennen Deiner Stärken und das sinnvolle Einsetzen dieser bist Du selbst verantwortlich.  Subjektive „Geschmacksrichtungen“, wie z.B. Musik oder Kunst, können sich natürlich im Laufe der Zeit wandeln. Aber Deine Stärken an sich bleiben.

Künstliche Authentizität fällt auf.  Maskerade wirkt nicht nur auf andere nicht authentisch, sondern kostet nur Energie. Man muss sich dabei gegen sein natürliches Ich auflehnen. Es wäre zumindest natürlicher, für Werte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit zu stehen. Ich denke der Spruch, „Jeder ist seines Glückes Schmied“, trifft auf jeden mehr oder weniger zu.

Doch Authentizität selbst, sollte nicht das Ziel sein. Es sind die Werte, die einen ausmachen. Sei offen für Neues und tolerant gegenüber Anderen. Die Kunst ist wahrscheinlich, seine Meinung frei zu äußern, aber nicht darauf zu beharren, sie durchzusetzen. Lerne Deine Stärken kennen. Sei Dir ihrer bewusst, genauso wie Deiner Schwächen. Die Authentizität fördert Dich in einem weiteren Aspekt. Sie stärkt Dich dabei, Dinge so zu tun, wie man sie selbst für richtig hält und wie es einem selbst am Besten tut. Auch, wenn es nicht den Erwartungshaltungen anderer entspricht. Der folgenden Buchtitel von Diana Drehen bringt es gut auf den Punkt:

Mach dich unbeliebt und glücklich…

Wenn Du versuchst selbst zu reflektieren, würdest Du sagen, Du bist authentisch? Bist Du ehrlich, offen und vertrittst Deine Ansichten? Was heißt für Dich authentisch sein? Wer bist Du wirklich? Was sind Deine Stärken? Und was kannst Du weniger gut? Werde Deine beste Version und nicht eine blasse Kopie ;-P