Aufräumen ist für mich strukturiertes und fokussiertes Arbeiten

Normalerweise bin ich ja ein Freund von einem aufgeräumten Arbeitsplatz. Den Schreibtisch erst aufzuräumen, um überhaupt Arbeiten zu können, ist nicht meine Art. Mein Schreibtisch muss weitestgehend ordentlich sein. Es dürfen vor allem keine alten Zettel oder Ausdrucke herumfliegen. Sollte sich so ein Fall mal ergeben, habe ich immer das Gefühl, ich hinke den Aufgaben hinterher und mir könnte der Eindruck entstehen, dass ich nicht fokussiert an meinen Jobs arbeite. Alle Unterlagen und Arbeitsdokumente muss ich digital vorliegen haben. Der aufgeräumte Schreibtisch spiegelt sich übrigens auch auf meinen Desktops wieder. Gemeint ist sowohl mein Arbeits- als auch mein privates Notebook. Der Desktop ist bis auf folgende zwei Ausnahmen leer. Es sind lediglich temporäre Referenzen zu aktuellen Projekten sowie ein Archiv-Ordner vorzufinden. Der Archiv-Ordner ist für mich der nächste Schritt, den es zu eliminieren gilt. Hier kommen alle Dateien rein, die sich kurzfristig auf dem Desktop befanden. Z.B. temporär benötigte Berechnungen, Notizen, Präsentationen oder Fotos. Diese werden entweder in Themenordner abgelegt, oder in den Archiv-Ordner verschoben. Dort schaue ich in der Regel nie wieder rein. Somit ist das Löschen eigentlich nur eine aufgeschoben Aktion.

Wir mögen alle eine aufgeräumte Umgebung

Beim Lesen mehrerer Artikel zum Thema Aufräumen bzw. nicht Aufräumen der Psychologie Heute vom Feb. 2017, kamen mir folgenden Fragen in den Sinn:

Ist das Aufräumen des Arbeitsplatzes tatsächlich produktiv? Bzw. trägt ein aufgeräumter Schreibtisch zur Arbeitseffizienz bei?

Schon der Cover-Titel  „Warum wir im Leben ein bisschen Chaos brauchen“, machte mich nachdenklich. Nun aber der Reihe nach. Um diesem Artikel eine wissenschaftlichen Touch zu geben, hier ein paar Zahlen.

  • 6 von 10 Personen denken schlecht von Personen die unordentlich bzw. unorganisiert sind
  • 7 von 10 Personen haben eine positive Einstellung ordnungsliebender Menschen gegenüber
  • 2/3  der Personen empfinden Schuld und Scham bzgl. der eigenen Unordnung bzw. Schludrigkeit

Diese Erhebungen sind aus einer Befragung von Eric Abrahams und der Columbia University New York.

D.h. doch, dass wir alle (bzw. viele) eine aufgeräumte Umgebung vorziehen. Oder? Ich persönlich fühle mich besser, wenn der Schreibtisch aufgeräumt ist. So habe ich das Gefühl, dass ich meinen Job im Griff habe. Alle Aufgaben sind erfasst und geplant. Vor allem scheint es, dass nichts auf der Strecke bleibt. Oder trügt der Schein?

Mir ist noch der Spruch meiner Eltern in den Ohren: „Wie sieht denn dein Zimmer aus? Räume sofort Dein Zimmer auf.“ Als Kind hatte ich nie wirklich das Bedürfnis mein Zimmer aufzuräumen. Es war doch klasse, dass alle Spielsachen kreuz und quer lagen. So hat man alles im Blick. Vor allem ergaben sich so ganz neue Möglichkeiten. Ich baute z.B. mit Lego Häuser und Garagen für meine Matchbox Autos. Die Playmobil Figuren passten, mit etwas Druck, in die Eisenbahn. Zusätzlich wurden mit Legosteinen Brücken und ein Bahnhof für die Eisenbahn gebaut. Ich glaube nachdem der Artikel fertig ist, gehe ich erstmal ins Zimmer meiner Kinder und suche die Lego-Kiste 😉 Aber zurück zum Text.

Was will ich damit sagen? Offensichtlich fördert die Unordnung eine Kreativität und Ideenvielfalt, die in einem aufgeräumten Zustand nicht oder nur schwer entstanden wäre. Picasso liebte das Chaos. Ich vermute, er schöpfte hieraus seine Kreativität. Man durfte sein Chaos auch nicht aufräumen. Vermutlich hatte dieses vermeintliche Chaos ein für ihn ersichtliches System.

Aufräumen - Kreativität liebt Chaos

Aufräumen – Kreativität liebt Chaos

 

Unordnung ist Streß

Wenn viele von uns eine unordentliche Umgebung vorfinden, kommt in uns das Gefühl von Streß auf. Unaufgeräumt-sein hat irgendwie ein schlechtes Image. So nach dem Motto, was denken die Anderen über mich? Es müssen doch alle denken, dass ich meine Aufgaben nicht im Griff habe. Bzw. einige werde Unaufgeräumt mit Unsauber gleichsetzen. Ist das so?

Was dabei vergessen wird, ist Folgendes. Das Aufräumen selbst, kostet Zeit. Man muss überlegen, in welchen Ordner das Dokument nun abzuheften ist. Es muss ggf. chronologisch abgeheftet werden, oder thematisch. Kommt diese Übersicht in den Finanz-Ordner oder in den Projekt ABC Ordner? So kommt die Frage auf, ob eine „Über-Ordentlichkeit“ wirklich produktiv ist?

Die japanische Expertin fürs Aufräumen, Marie Kondo sagt, dass Ordnungssysteme nicht effizient sind. Gemeint sind hier z.B. die Boxen, die man sich extra für den Keller gekauft hat, um die alten Sachen ordentlich zu verstauen. Somit bleibt Krempel immer noch Krempel. Ihr Rat ist, konsequent alles, was man nicht mehr braucht bzw. was nicht glücklich macht, wegzuschmeißen. Das hat auch etwas befreiendes.

Ich persönlich habe ein zweistufiges Vorgehen bei Krempel.

  1. Stufe: Dinge als Krempel identifizieren und in eine Kiste in den Keller packen. Die Inhalte der jeweiligen Kiste ist natürlich mit ähnlichen Dingen bereits gefüllt. So habe ich das Gefühl aufgeräumt zu haben.
  2. Stufe: Nach mind. einem Jahr im Keller diese Kisten inspizieren. Ich stelle mir die Frage, ob ich den jeweiligen Inhalt in den letzten 1-2 Jahren verwendet habe. Fällt die Antwort negativ aus, kommen die Sachen in der Regel in den Müll. Sollte man sie generell noch benutzen können, kommen sie alternativ auch in den Sperrmüll oder zu eBay 😉

Piler und Filer

Steve Whittaker unterscheidet folgende zwei Sortier-Profile: Piler und Filer. Der Piler (Stapler) stapelt einfach alles auf. Das Neueste liegt auf dem Stapel immer oben. Das lästige Sortieren nach Kontext fällt somit weg und es geht viel schneller. Zugegeben dauert vermeintlich der Suchvorgang etwas länger. Oder? Im Folgenden hierzu mehr. Frage Dich mal, ob Du mehr Zeit für das Suchen oder für das Wegsortieren aufwendest? Der Filer (Einordner) muss alles in spezifische Ordner einsortieren. Auch alle E-Mails müssen in spezielle Ordner einsortiert werden. Ein Filer scrollt sich nicht selten einen Wolf wegen der Masse an E-Mails in der Inbox, sondern wegen der langen Ordnerstruktur.

Ich persönlich habe einen Archiv-Ordner, in welchen alle abgearbeiteten und archivwürdigen E-Mails reinkommen. Speicherplatz bedingt, lege ich jedes Halbjahr einen neuen Ordner an. Zum Suchen nutze ich die Outlook eigene Suchfunktion. Oft hat man diverse Anhaltspunkte wie z.B. ein Datum, von wem diese Mail war oder den Betreff. Aber mal ganz ehrlich, wie oft sucht man alte E-Mails? Im Vergleich zur Anzahl der wegsortierten E-Mails, ist das doch ein Bruchteil. Oder?

Zum Vergleich: Zum Auffinden einer E-Mail benötigen Filer ca. 1 Minute und Piler ca. 17 Sekunden.

Fazit

Kurzgesagt hängt es, wie so oft, wieder an Dir. Du musst für Dich selbst wissen, ob Dir ein aufgeräumter Schreibtisch lieber ist, als ein kreatives Chaos. Wie Du dich besser und glücklicher fühlst, kannst nur Du wissen. Ein Rat noch zum Schluss. Eric Abrahams schreibt: „Es ist besser eine Unordnung auf einmal zu beseitigen, als sie zu vermeiden, in dem man wiederholt kleine Schritte unternimmt.“ Letztendlich ist es auch eine Typfrage. Manche fühlen sich einfach unwohl, alles in einen Ordner oder auf einen Stapel zu sortieren. Wenn Du Dich hierbei unsicher fühlst und Angst hast Deine Dinge zu lange suchen zu müssen, ist das ggf. nicht der richtige Weg. Ich würde es aber wenigstens einmal probieren.

Sollte mal wieder ein Kollege über Deinen unaufgeräumten Schreibtisch einen Spruch ablassen, kannst Du nun sagen, dass Picasso auch ein kreatives Chaos hatte. Und seine Werke waren nicht die am schlechtesten Bewerteten 😉 Oder Kreativität liebt das Chaos!

Ich würde mich über Dein Feedback freuen, wie Du Deine Unterlagen sortierst? Bist Du eher ein Piler oder ein Filer? Welche Aufräum-Hacks hast Du für Dich entwickelt?